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║ 19. Digitally Imported I (die Fliege) ║
║ Mittwoch, 19. Januar 2005, 00:00 eloi ║
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Ich sitze auf meinem Bett, höre die ruhige, elektronische Musik eines Internetstreams. Der Raum beleuchtet von einer 7 Watt Energiesparlampe, die ich mit rotem Tauchlack eingefärbt hatte. Sie steht aufrecht in der hinteren Ecke des Raumes, neben dem Jalousienbehangenem Fenster. Eine Fliege fliegt in mein Gesichtsfeld, fliegt ein paar gemächliche Kreise und verschwindet dann in einem Bereich dessen Einblick mir aus meiner derzeitigen Position nicht möglich ist.Während einer leichten Kopfdrehung fängt meine Sicht auf den Raum an sich zu verändern. Alles wird undeutlicher, irgendwie grober, wie eine schlecht aufgelöste Computergrafik. Zarte schwarze Linien unterteilen das von meinen Augen ans Gehirn übertragene Bild in unregelmäßige Trapeze, Waben und Dreiecke. Jede dieser Waben ist nur mit einer Farbe gefüllt, wie in einem Mosaik, aber viel genauer. Ich kann noch immer alles erkennen, nur nicht mehr ganz so genau. Ausserdem sind einige Farben vertauscht. Mattes Weiß wird zu leuchtendem Blau, während die meisten anderen Farben etwas blasser und dunkler werden.
Ich spreize die Flügel und fliege durch den Raum zur Lampe. Vorsichtig krabble ich in die Mitte zwischen den vier Leuchtsegmenten der Energiesparlampe und schaue nach oben. Ein wahrhaft Monumentaler Anblick bietet sich mir. Die Helligkeit ist erträglich und schmerzt nicht einmal in den Augen.
Als es mir zu warm wird fliege ich weiter und setze mich schließlich auf die Nase des leuchtend blauen Eisbären. Seine schwarzen Augen sehen aus wie Löcher, die in den kalt glühenden Schädel gestanzt wurden, gleich dem kläglichen Versuch einer verirrten Seele einen blau glühenden Materieklumpen aus der Eishölle mit zwei gezielten Schüssen einer Faustfeuerwaffe zu eliminieren.
Ich fliege weiter zum Bücherschrank. Mit einiger Mühe gelingt es mir, mich durch den Spalt zwischen den beiden geschlossenen Türen zu quetschen. Beim entlanglaufen an den gigantischen Bücherreihen kommt mir beim Anblick einer Foliantenartigen Formelsammlung kurz der panische Gedanke, womöglich von dem hier gesammelten Wissen erschlagen zu werden.
Nachdem ich zweimal auf dem Langenscheidt-L eines Wörterbuches auf und ab gekrabbelt bin, trete ich den Rückweg an.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund vergesse ich kurz, daß die Türen des Bücherschrankes geschlossen sind und fliege erst ein paar mal gegen das Glas, was allerdings eher frustrierend als schmerzhaft ist. Zum Glück gelingt es mir aber nach einiger Zeit auf dem Glas zu landen und zurück zum Türspalt zu krabbeln.
Ich hab genug erlebt und fliege einigermaßen erschöpft zum Bett zurück, wo ich mich sitzen sehe. Ich fliege zu meiner Nase und kitzle mich, nur um mich zu ärgern. Ich kann wegfliegen, bevor ich reflexartig meine Hand hebe und mir über die Nase fahre. Kichernd fliege ich zu meinem rechten Ohr und krabble ins Dunkel. Weil es hier so viele Härchen gibt und es ja ohnehin finster wie im Sarg hier ist, schließe ich die Augen. Als ich sie wieder öffne, ist die Sicht wieder normal und ich spüre eine Fliege auf meinem rechten Ohr herrumkrabbeln...